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Christian Schad

Christian Schad (1894 – 1982)

ein deutscher Maler der Neuen Sachlichkeit. Er wird neben Otto Dix, George Grosz, Rudolf Schlichter, Karl Hubbuch und Richard Ziegler zu den wichtigsten Vertretern des Verismus gezählt. Sein Nachlass wird von der Christian-Schad-Stiftung in Aschaffenburg aufbewahrt.

Kindheit und Jugendjahre

Christian Schad war Sohn des Geheimen Justizrates Carl Schad und dessen Frau Marie, geborene Fohr. Mütterlicherseits war er ein Urgroßneffe der Maler Daniel Fohr und Carl Philipp Fohr. Kurz nach seiner Geburt zog die Familie zurück nach München. Gemeinsam mit seiner Schwester wuchs er in behüteten, kultivierten Verhältnissen auf, die Eltern unterstützten früh die musischen Neigungen der Kinder. Durch den Vater bestanden enge Bindungen zum bayerischen Königshaus. Mit 18 Jahren verließ Schad das Gymnasium und schrieb sich an der Kunstakademie in München ein. Er studierte bei Heinrich von Zügel und Carl Johann Becker-Gundahl, brach aber das Studium nach wenigen Semestern ab, weil er sich „nicht prüfen lassen wollte“. Er mietete sich im Künstlerviertel Schwabing ein Atelier, wo erste expressionistische Holzschnitte entstanden. Unweit seines Ateliers fanden wichtige zeitgenössische Kunstausstellungen statt, und mit der Redaktionsgemeinschaft „Der Blaue Reiter“ entstand in München ein wichtiger Wegbereiter der Moderne. 1914 reiste Christian Schad zu einem Studienaufenthalt ins holländische Volendam.

Dada in der Schweiz

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges simulierte er einen Herzfehler, um der Einberufung zur Infanterie zu entgehen, und floh 1915 in die neutrale Schweiz nach Zürich. Dort wurde er Zeuge der Entstehung der Dada-Bewegung um Hans Arp, Hugo Ball und Emmy Hennings. Er besuchte deren Veranstaltungen im Cabaret Voltaire. Mit dem Dichter Walter Serner verband ihn eine enge Freundschaft; Schad unterstützte Serner bei der Gründung der Monatszeitschrift „Sirius“ und verschiedenen Dada-Aktionen. Er veröffentlichte Holzschnitte in avantgardistischen Zeitschriften und eine Grafikmappe. Ende 1916 zog er nach Genf, machte Malstudien in der dortigen „Irrenanstalt“ und begann seine eigentliche Dada-Phase. 1919 führten Materialexperimente zu den später nach ihm benannten Fotogrammen (Schadographien), auf lichtempfindlichen Platten erzeugten Konturbildern, ähnlich den Rayographien von Man Ray. Zudem arbeitete er an Holzreliefs, kubistisch geprägten Ölbildern und weiteren Holzschnitten.

Neue Sachlichkeit

Nach kurzem Aufenthalt in München hielt Schad sich ab 1920 mehrere Jahre in Rom und, gemeinsam mit Serner, in dem für ihn interessanteren, weil „kulturärmeren“ Neapel auf. Dort entstanden erste realistische Porträts. 1923 heiratete er die Römerin Marcella Arcangeli, im Jahr darauf wurde der Sohn Nikolaus geboren. Mit Einwilligung des Vatikans malte Schad im Winter 1924 ein Porträt von Papst Pius XI. 1925 übersiedelte die Familie nach Wien, wo sie schnell Anschluss an das gesellschaftliche Leben fand. Schad beteiligte sich an der Ausstellung Die Neue Sachlichkeit bei Neumann-Nierendorf in Berlin. Für eine siebenbändige Werkausgabe von Serner entwarf er die Umschlagzeichnungen.

Nach der Trennung von seiner Frau ging Schad 1928 nach Berlin, von wo er Reisen nach Paris und Schweden unternahm. Zahlreiche Kontakte aus der Schweizer Zeit erleichterten ihm den Ortswechsel. Schad führte ein Leben als Dandy und bewegte sich nicht nur in der Kunstszene, sondern auch in Salons, Tanzbars und Nachtlokalen. Er beteiligte sich mit einigen Zeichnungen an dem von Curt Moreck verfassten Führer durch das „lasterhafte“ Berlin, einer Schilderung des Berliner Nachtlebens um 1930. Schads Figuren und Motive spiegeln die mondäne Seite der „goldenen“ zwanziger Jahre wider. 1931 ertrank seine Frau Marcella beim Baden im Meer, der Sohn Nikolaus kam zu den Großeltern.

Die etwa 30 Porträts aus der Zeit zwischen 1925 und 1930 werden zur Neuen Sachlichkeit gezählt: Lotte und Sonja, die exemplarisch für den neuen selbstbewussten Frauentyp mit Bubikopf und Zigarette stehen; Graf St.Genois und Freundinnen, Sinnbilder eines erotisierten Großstadtlebens; Baroness Vera von Wassilko, als stilvoll aussehende junge Frau zwischen zwei Männern, einer hellhäutig, der andere dunkelhäutig; Egon Erwin Kisch, der „rasende Reporter“; Maika, Schads Freundin zu dieser Zeit; Agosta, der Flügelmensch, und Rasha, die schwarze Taube, die als Artisten auf einem Jahrmarkt arbeiteten; und die Operation. Schad war ein Meister des kühlen, sachlichen Farbauftrags, er galt als einer der besten Maler der menschlichen Haut. Dafür verwendete er die zeitaufwendige Lasurtechnik.

1927 malte Christian Schad sein Selbstporträt mit Modell, das heute zu den bekanntesten und am meisten reproduzierten Werken des Künstlers und der Neuen Sachlichkeit überhaupt gehört. Schonungslos setzt sich Schad dem eigenen Blick aus; als „Maler mit dem Skalpell“, der seine Modelle und sich selbst mit kühler Sachlichkeit seziert. Sein Blick ist misstrauisch, die Atmosphäre des Bildes unterkühlt, fast eisig. Die dargestellten Personen haben sich nichts zu sagen. Nach vollzogenem Akt ist jeder mit sich selbst beschäftigt, der Mann im Dreiviertelporträt und die Frau im Profil scheinen sich bewusst voneinander abzuwenden. Ein Bezug besteht lediglich im Körperlichen: die Frau ist fast gänzlich unbekleidet, ein angedeuteter roter Strumpf am linken Bildrand und eine Schleife am Handgelenk bilden die einzigen Akzente. Schad selber kleidet sich in ein grünlich-transparentes Hemd, das über der Brust geschnürt ist – ein stärkerer Eindruck, als säße er vollkommen nackt da. Vor einem bühnenhaft verschleierten Hintergrund mit dunklem Himmel und Schornsteinen steht hell eine einzelne Blüte als Symbol für den Narzissmus der Figuren. Die Frau mit ihrem dunklen Pagenschnitt und Seitenscheitel entspricht einem in den zwanziger Jahren populären Frauentypus: weder besonders schön noch abstoßend, entspringt ihre Physiognomie jenem Authentizitätsanspruch, mit dem speziell die Veristen in dieser Zeit das Porträt neu auffassen. Schad berichtete, das Gesicht der Frau sei das einer Unbekannten, die er als Kundin in einem Schreibwarengeschäft gesehen habe. Der „sfregio“, die Gesichtsnarbe, sei eine Art „Liebesbeweis“: die Frauen in Neapel hätten voller Stolz solche Narben zur Schau getragen, die ihnen vom eifersüchtigen Ehemann oder Liebhaber beigebracht wurden.

„Ich sehe eine Hand, wie zum Beispiel bei dem Schießbudenmädchen auf meinem Selbstporträt, diese Hand, dieses Mädchen, hat mich fasziniert. Mir war ganz gleichgültig, wie das Mädchen aussah, aber die Hand war es, und dahinter diese Schießbude, also eine lebendige Hand neben einer gemachten Sache. Also ich meine, nicht industriell gemacht oder brauchbar gemacht, sondern einfach für das Amüsement der Menschen ist diese Schießbude gemacht und davor diese lebendige Hand mit diesem kleinen Schleifchen daran.“

– Christian Schad (über sein Werk Selbstporträt mit Modell)

Zeit des Nationalsozialismus

Kopie der Stuppacher Madonna für ihren Originalstandort Maria Schnee-Kapelle in der Stiftskirche St. Peter und Alexander (Aschaffenburg)

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Schads Werk nicht wie das vieler anderer Künstler seiner Generation als „entartete Kunst“ eingestuft, keines seiner Werke wurde konfisziert, und 1934 konnte er Arbeiten zur „Großen deutschen Kunstausstellung“ einreichen. Seine Bilder dieser Zeit besaßen nicht mehr die kühle Schärfe früherer Arbeiten, eine gewisse Leichtigkeit war dem Geschmack seiner Auftraggeber geschuldet. Dennoch musste er aufgrund seiner Dada-Vergangenheit befürchten, vom nationalsozialistischen Regime mit Berufsverbot belegt zu werden.

Angesichts dieser Situation zog er sich ins innere Exil zurück, reduzierte das Malen auf einige wenige Werke und übernahm ab 1935 die Leitung eines Brauereibetriebs. Schad begann eine intensive Auseinandersetzung mit ostasiatischer Mystik. 1936 zeigte das Museum of Modern Art in New York ohne sein Wissen einige der frühen Schadografien. In den Sommern hielt er sich zu Naturstudien in der Jagdhütte seiner Eltern im oberbayerischen Valepp auf. Auf der Suche nach einem Modell lernte er die junge Schauspielerin Bettina Mittelstädt (* 4. Juni 1921) kennen. Während er sich wegen eines Porträtauftrags in Aschaffenburg aufhielt, wurde sein Berliner Atelier 1942 durch einen Bombentreffer zerstört. Danach übersiedelte er ganz nach Aschaffenburg, wo er den Auftrag zur Erstellung einer Kopie der Stuppacher Madonna von Matthias Grünewald erhalten hatte.

Nachkriegszeit und Spätwerk

1947 war das Jahr der Fertigstellung der Kopie und der Heirat mit Bettina. In den fünfziger Jahren vollzog Schad eine Rückkehr zur expressiven Malerei und zur Druckgrafik, die Phase des „Magischen Realismus“ setzte ein. Schad nahm an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland teil, Reisen führten ihn und seine Frau nach Tunesien, Frankreich, Italien und in die Schweiz. Ab 1960 entstanden nach mehr als 40-jähriger Unterbrechung neue Fotogramme, die er in drei Werkzyklen bis 1977 weiterführte. 1962 zog das Ehepaar Schad in ein neugebautes Atelierhaus nach Keilberg bei Aschaffenburg. In den frühen siebziger Jahren kehrte Schad zur realistischen Malweise seiner neusachlichen Zeit zurück und veröffentlichte mehrere Grafikmappen. Etwa zeitgleich begann die „Wiederentdeckung“ Schads mit der wichtigen Ausstellung im Palazzo Reale in Mailand 1972 bis hin zur umfassenden Retrospektive in der Kunsthalle Berlin 1980.

Christian Schad starb am 25. Februar 1982 in Stuttgart; sein Grab befindet sich in Keilberg. Im Jahr 2000 schenkte Bettina Schad der Stadt Aschaffenburg den kompletten Nachlass ihres Mannes. Sie selbst starb am 31. März 2002.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Schad

Christian Schads Bilder in der Kunstleihe-Harburg


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Zirkusprobe
Bildrechte: Christian Schad, Kunstleihe Harburg, Schnell, Sabine (Foto) - CC BY-NC 4.0
Sammlung Gerd Gruber: 1. Zirkusprobe, 2. Paar, 3. Eyridike lächelnd Liebe in die Luft schreibend, 4. Chaplin
Bildrechte: Christian; Heise, Katharina Hildebrandt, Wolf; Stepanowa, Warwara Schad, Kunstleihe Harburg, Schnell, Sabine (Foto) - CC BY-NC 4.0