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Hier gibt es Kunst für kurze Zeit

Buxtehuder Tageblatt, 9. Apr. 2020

Bei der Kunstleihe in Harburg können Bilder für drei Monate ausgeliehen werden – Übergabe ist zurzeit auch kontaktlos möglich Von Ina Frank
HARBURG. Kunstwerke käuflich zu erwerben, ist in der Regel ein relativ teures Vergnügen. Und mit der Zeit soll vielleicht auch einmal etwas Neues an der Wand hängen. Eine Alternative ist, Kunstwerke zu leihen.
Das geht in der Kunstleihe Harburg, der ersten nicht-kommerziellen Artothek in Hamburg.

Die Idee für die Kunstleihe, die Teil der „Initiative Südkultur“ ist, kam schon 2017 auf. Die Initiative veranstaltet bereits seit zehn Jahren die „Music Night“, eine Veranstaltung der Club-Szene im Süderelberaum, seit fünf Jahren das Literaturfestival „Südlese“ – auch die bildenden Künstler, die in der Region leben und arbeiten, sollten auf ihre Weise gewürdigt werden. Doch erst einmal musste die Kunstleihe einige Umzüge
hinter sich bringen. Der erste Standort war die leerstehende ehemalige Dreifaltigkeitskirche in der Neuen Straße in Harburg. Jener hatte aber schon einen großen Nachteil: Die Kunstleihe war nach außen hin
überhaupt nicht sichtbar, es gab kein Schaufenster oder Ähnliches.
Die Kirchenräume konnten auch nur vorübergehend für kulturelle Zwecke genutzt werden; die Kunstleihe musste schließlich wieder ausziehen. Als Nächstes befand sich die Kunstleihe in einer ehemaligen Sparkassenfiliale, die vom Eisenbahnbauverein Harburg in einen Nachbarschaftstreff umgebaut war. Dort mussten die Kunstwerke aber ständig auf und wieder abgebaut werden. Ein richtiges Domizil für die Kunstleihe zu finden, war nicht leicht, wie Heiko Langanke von der Initiative Südkultur berichtet: „Viele
Vermieter haben Bedenken, dass kein Geld reinkommt.“ Seit Februar hat die Kunstleihe aber einen festen Standort: in einem ehemaligen Kiosk in der Meyerstraße 26 in Heimfeld.
Die Kunstleihe ist die erste nicht-kommerzielle Artothek in Hamburg. Es gibt zwar noch eine weitere Einrichtung, die unter dem Namen „Artothek“ firmiert, das Leihen dort sei aber relativ teuer und eher ein Vorkaufsrecht, berichtet Langanke. Mittlerweile hat die Kunstleihe etwa 200 Werke im Angebot, 40 lokale Künstler sind vertreten, etwa 60 Leih-Ausweise wurden schon vergeben.
Der als gemeinnützig anerkannte Verein „Kunstleihe HHHarburg“ betreibt die Kunstleihe. Der Werksbestand baute sich übrigens aus einem Geschenk auf: Ein Sammler war in ein Seniorenheim
umgezogen und vermachte seine Sammlung der Kunstleihe. An solche Profisammler richtet sich die Kunstleihe aber gerade nicht. „Es ist ein einfacher Zugang zur Kunst. Man muss kein Experte sein“, sagt Langanke. Zu den Werken gehören hauptsächlich Zeichnungen, Malereien und andere eher zweidimensionale Werke, aber auch einige kleinere und größere Skulpturen sind dabei.
Einige Künstler kommen auch bewusst auf die Kunstleihe zu, um ihre Werke anzubieten. So haben sie eine Möglichkeit, sichtbar zu sein. Denn allein eine Ausstellung auf die Beine zu stellen, ist für viele ein echter Kraftakt. Aufgrund der aktuellen Situation mit dem Coronavirus darf natürlich auch die Kunstleihe zurzeit
nicht geöffnet sein. Trotzdem haben Interessierte die Möglichkeit, Kunst auszuleihen. Das ehrenamtliche
Kunstleihe-Team hat den Bestand in einem Werksverzeichnis online gestellt, das zu finden ist unter www.sued-kultur.de/kunstleihe_harburg_werksverzeichnis.pdf. Bei jedem Werk sind die Techniken vermerkt, mit denen der Künstler gearbeitet hat, sowie die Maße, damit Interessierte in Ruhe zu Hause ausmessen
können, wo und wie es passen könnte. Per E-Mail an kunstleihe@sued-kultur.de oder unter der Telefonnummer 0 40/ 30 09 69 48 kann das gewünschte Werk reserviert werden und es wird zu einem vereinbarten Termin an der Kunstleihe transportgerecht bereitgestellt. Die Übergabe funktioniert kontaktlos.
Voraussetzung ist die einmalige Aufnahme in die Kunstleihe. Doch auch diese Aufnahme ist möglich, ohne dass Interessierte vorbeikommen müssen. Sie können einfach ihren Personalausweis einscannen und an die bereits genannte E-Mail-Adresse oder per Fax an die Nummer 0 40/ 30 09 69 42 schicken. Die Aufnahmegebühr beträgt 12 Euro, die Leihgebühr dann 6 Euro für ein Vierteljahr. Im Ausnahmefall
– der aber häufiger vorkommt – dürfen die Kunstliebhaber die Ausleihzeit um drei Monate verlängern.
Auch Gutscheine für eine Mitgliedschaft bei der Kunstleihe Harburg sind erhältlich.
Ein Großteil der Kunstwerke befindet sich im Eigentum der Künstler, die Werke sind Leihgaben an die Kunstleihe und daher meist auch käuflich erwerbbar. „Das ist im Grunde nicht unser Ziel“, sagt Sabine Schnell vom Kunstleihe-Team. „Aber gerade in diesen Zeiten, in denen Ausstellungen und Galerien nicht präsent sind, fällt den Künstlern ein wesentlicher Teil ihrer Einnahmen weg. Daher bieten wir ganz
bewusst auch den Kauf an und vermitteln zwischen Interessierten und Künstlern dann den Kontakt.“
Wenn die Kunstleihe wieder geöffnet sein darf, sind die Öffnungszeiten Donnerstag und Freitag von 15 bis 18 Uhr sowie Sonnabend von 13 bis 17 Uhr. Dann kann bei Kaffee, Kuchen oder Sekt in Ruhe gestöbert werden. Auch Veranstaltungen sollen dann in der Kunstleihe stattfinden, zum Beispiel Workshops zur
Bildbetrachtung oder Gespräche mit Künstlern.