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Kunstbesitz auf Zeit: Bilder einfach ausleihen

von Thomas Sulczyk

Foto: Thomas Sulzyc / Hamburger Abendblatt

Künstler wollen die erste Artothek Hamburgs gründen. Kulturbehörde hält das für nicht mehr zeitgemäß. Toepfer- Stiftung gibt 2000 Euro

Harburg. Das Netzwerk Suedkultur und Künstler machen sich für die Gründung
einer Artothek in Harburg stark. Dabei handelt es sich um eine Ausleihstelle für
Kunstwerke gegen eine geringe Gebühr. Träger sollte das Bezirksamt oder eine
öffentliche Institution sein. Es wäre die erste Artothek in ganz Hamburg. In den
niedersächsischen Nachbarstädten Buxtehude und Buchholz dagegen sind
Artotheken seit Langem als Bausteine der Kulturförderung etabliert.
Eine Initiative der CDU im Kulturausschuss der Bezirksversammlung Harburg, die
Chancen einer Artothek auszuloten, hatte die Behörde für Kultur und Medien zwar
vor der Sommerpause zurückgewiesen. Die Kulturbehörde ist der Auffassung, dass
Artotheken, im übrigen Deutschland meist in den 1980er-Jahren entstanden, nicht
mehr zeitgemäß seien. Zeitgenössische Kunst lasse sich heute nicht mehr auf
Gemälde und Grafiken, die in Wohnungen und Büros passen, reduzieren,
argumentiert die Behörde. Aus ihrer Stellungnahme an die Bezirksversammlung
geht vor allem eines hervor: Die Kulturbehörde hält Artotheken für zu teuer. Die
gemeinnützige Alfred Toepfer Stiftung, ein in der Kulturbehörde gern gesehener
Partner, sieht das offenbar anders und fördert die Harburger Artothek-Initiative mit
2000 Euro.

SuedKultur will die notwendige Vorarbeit leisten

Mit dem Geld will die Gruppe um den Suedkultur-Vorsitzenden Heiko Langanke
und die Künstlerin Anke de Vries, Reisekosten finanzieren, um noch in diesem
Sommer Erkundigungen bei verschiedenen Artotheken in Deutschland einzuholen
und die Argumente der Kulturbehörde zu widerlegen. Zu den Aktiven der Gruppe
zählen noch der Künstler Jan Ratschat, Andreas Patommel von der Bücherhalle
Harburg und Sabine Schnell von Suedkultur.
Am Ende soll ein Konzept für Harburg stehen, das Erfahrungen von Artotheken aus ganz Deutschland berücksichtigt. Diese Vorarbeit wolle die Suedkultur gerne
ehrenamtlich leisten. Für so ein Projekt brauche es Leidenschaft, sagt Heiko
Langanke. Träger der Artothek in Harburg müsse aber eine städtische Institution
sein. Es wird vor allem darum gehen, die Leihstelle an einer repräsentativen und gut
erreichbaren Adresse unterzubringen. Das Harburger Rathaus könnte so eine sein.
„Kulturförderung ist eine kommunale Aufgabe. Wie Bildung oder Schule auch“,
fordert Langanke, die Stadt nicht aus der Pflicht zu lassen.
Die Artothek-Befürworter aus Harburg widersprechen der Behauptung der
Kulturbehörde, Kunst-Leihstellen würden öffentliche Mittel „im erheblichen
Umfang“ beanspruchen. Heiko Langanke verweist dazu auf das Budget in Köln. Mit
21.000 Euro ist die Artothek in der viertgrößten Stadt Deutschlands im Jahr 2015
ausgekommen – 5589 Euro für die Erweiterung der Sammlung inklusive. Ein
öffentlicher Bilderverleih im kleineren Bezirk Harburg dürfte weniger kosten.
Außer Acht habe die Kulturbehörde gelassen, dass sich mit den Kunstwerken einer
Artothek Werte erzielen lassen. Den Fundus können Städte im haushalt auf der
Habenseite verbuchen. „Ich habe bisher keinen Fall bundesweit gefunden, dass eine
Artothek wegen finanzieller Schieflage geschlossen wurde“, sagt Heiko Langanke.
Die Bilderleihe in Hameln stehe vor der Schließung, meldete vor Kurzem die
Deister- und Weserzeitung. Aber: 130 Artotheken gibt es nach Angaben des
Artothekenverbandes in Deutschland. Die meisten bestehen seit Jahrzehnten.
130 Artotheken gibt es in Deutschland
Die SuedKultur-Gruppe favorisiert die Idee, Kunstwerke von Harburger Künstlern
zu verleihen und damit Harburger Kunstschaffende zu würdigen. Nach Schätzung
von Suedkultur würden etwa 100 bildende Künstler im Bezirk Harburg arbeiten.
Üblich sei, dass Artotheken Kunstwerke für die Dauer von drei Monaten verleihen,
häufig zu insgesamt sechs Euro Leihgebühr. Anke de Vries: „Das ermöglicht
Menschen die Auseinandersetzung mit Kunstwerken, die sonst nicht viel Erfahrung
mit zeitgenössischer Kunst haben.“
© Hamburger Abendblatt 2. Aug. 2017